Gefährlich nah by Louise Millar

Gefährlich nah by Louise Millar

Autor:Louise Millar [Millar, Louise]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783104016443
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-06-30T22:00:00+00:00


20

Nachdem Saskia Jack gute Nacht gesagt hatte, raste sie in zwanzig Minuten zu Kates Haus im östlichen Oxford. Als sie in die Einfahrt einbog, sah sie dort Kates Wagen stehen. Gut.

Die Uhr auf dem Armaturenbrett stand auf Viertel nach zehn. Saskia schloss kurz die Augen. Es war ziemlich spät, um einfach so hereinzuplatzen, aber die Sache konnte nicht warten. Wenn Mum im Entferntesten mitbekäme, dass Kate einen Umzug nach London plante, wäre die Hölle los.

Saskia sah an Kates Haus hoch und zog verärgert die Handbremse an. Wie war es eigentlich dazu gekommen, dass sie in dem ganzen Wirrwarr die Unterhändlerin spielte? Sie hatte genug eigene Probleme. Im Wohnzimmer und oben brannte Licht. Als Saskia den Motor abstellte, sah sie in Jacks Zimmer einen Schatten hinter dem Vorhang vorbeiwandern.

Gut. Wenigstens war Kate noch nicht im Bett.

Saskia stieg aus und sah sich um. Die Hubert Street war nachts immer so ruhig, trotz der Nähe zu den Bars und Lokalen in der Cowley Road.

»Dann mal los«, brummte sie und marschierte auf Kates Haustür zu. Eine Sicherheitsleuchte ging an. Saskia klingelte resigniert; sie hatte keine andere Wahl. Dass sich das Jugendamt einschaltete, war das Letzte, was sie alle brauchten, Jack eingeschlossen. Dass Kate beschuldigt würde, sie werde den seelischen Bedürfnissen ihres Sohnes nicht gerecht, oder womöglich aufgefordert würde, sich auf ihren psychischen Gesundheitszustand hin untersuchen zu lassen.

Vom oberen Flur fiel ein schwacher Lichtschein durch den Glaseinsatz in der Haustür. Saskia wartete, dass Kate ihr öffnen käme; sie klopfte nervös mit der Fußspitze auf den Boden.

Nichts geschah.

Saskia klingelte noch einmal, dann trommelte sie mit den Fingerknöcheln gegen das Glas.

Sekunden verstrichen. »Kate?«, rief sie gereizt durch den Briefschlitz. »Ich bin’s – Sass.«

Saskia klappte den Briefschlitz ganz auf und sah, dass Kate auf der anderen Türseite eine Plastikhaube montiert hatte, damit niemand durchgreifen und die Schlüssel von der Tür abziehen konnte.

»Kate!«, rief sie schärfer.

Dann trat sie einen Schritt zurück und sah noch einmal die Fassade hoch.

Das Licht in Jacks Zimmer war ausgegangen.

Was trieb Kate für Spielchen mit ihr?

Mürrisch kramte Saskia in der Handtasche nach ihrem Handy und rief Kates Festnetznummer an. Eine Sekunde später hörte sie in der Diele Kates Telefon klingeln. Nach fünf Klingeltönen sprang der Anrufbeantworter an.

Entweder ignorierte Kate sie absichtlich, oder es war etwas passiert. Hatte sie sich versehentlich selber in ihrem blöden Käfig eingesperrt?

»Alles in Ordnung?«, fragte eine Männerstimme direkt hinter ihr.

Saskia machte einen Satz. Sie fuhr herum und sah den Spinner von nebenan in Kates Einfahrt stehen.

»Ja«, blaffte sie kurzangebunden; ihr Herz raste. »Alles bestens.«

Er war so groß aus der Nähe. Überragte sie wie ein Turm und sah sie aus seinen eigentümlich blassen Augen hinter der verschmierten Brille an.

»Ich dachte, Sie sind vielleicht eine Einbrecherin«, sagte er mit einem Grinsen. »Hier in der Straße wird viel eingebrochen, wissen Sie? Ich behalte das Haus im …« – er deutete mit dem Finger erst auf Kates Haus, dann auf seine Augen. »Für meine Nachbarin.«

Eine Bierfahne schlug Saskia entgegen. Sie sah wieder auf die stille Straße hinaus.

»Ich bin keine Einbrecherin, aber danke«, sagte sie, drehte ihm den Rücken zu und wühlte verzweifelt in ihrer Handtasche nach Kates Schlüssel.



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